Die Auswirkungen der Reform des Verfahrensrechts in Familiensachen waren ein Schwerpunkt der 14. Jahresarbeitstagung Familienrecht in Köln. Organisiert wurde die Tagung am 8./9. April 2011 von und für Experten im Familienrecht vom Deutschen Anwaltsinstitut (DAI), einer Einrichtung der Bundesrechtsanwaltskammer. Hier ein kurzer Bericht:
Notar Dr. Wolfgang Reetz (Köln) eröffnete die Fachvorträge mit einer Übersicht über “Ehevertragliche Gestaltungsmöglichkeiten nach den familienrechtlichen Reformen.” Schwerpunkt war der zum 01.09.2009 ebenfalls reformierte Versorgungsausgleich. Sein 147 Seiten starkes Skript umfasste fast die Hälfte der Tagungsunterlagen und dürfte ein brauchbare Hilfe für die Alltagsarbeit sein.
Dr. K.-Peter Horndasch (Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt für Familienrecht, Weyhe) ging im Rahmen seines Referats “Alleinige elterliche Sorge – zum Wohl des Kindes” auch auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21.07.2010 ein. Der Gesetzgeber ist gefordert, dem nichtehelichen Vater die Möglichkeit einzuräumen, die Mitsorge für ein Kind zumindest zu beantragen – eine spätere Enscheidung hängt aber vom Kindeswohl ab. Bislang war ein Vater gegen den Willen der Mutter annähernd chancenlos.
Klaus Schnitzler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht aus Euskirchen, erläuterte anschaulich, was der Gesetzgeber im neuen § 1579 Nr. 2 BGB unter der “verfestigten Lebensgemeinschaft” versteht. D. h. welche Kriterien muss die neue Partnerschaft der Ex-Frau erfüllen, damit sie keinen Unterhalt mehr verlangen kann?
Die aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 25.01.2011 zur Verfassungswidrigkeit der Dreiteilungsmethode beim Ehegatten-Unterhalt beleuchteten gleich zwei Experten: Dr. Jürgen Soyka, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf (und inoffizieller Herausgeber der sog. Düsseldorfer Tabelle), verglich anhand zahlloser Berechnungsbeispiele die neue Formel des BVerfG mit der Dreiteilungsmethode des Bundesgerichtshofes – um festzustellen, dass der Unterschied in der Praxis gar nicht so groß sei. Und für die anwaltliche Praxis wies Michael Klein (Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht aus Regensburg, Mitherausgeber des Handbuchs des Fachanwalts für Familienrecht) darauf hin, dass das Unterhaltsrecht ohnehin ein Lotteriespiel sei. Zwischen dem Ergebnis von erster und zweiter Instanz können deshalb ohne Probleme mehrere hundert Euro liegen.
Unter der Überschrift “Familienrecht trifft Mietrecht” stellte Dr. Isabell Götz, Richterin am Oberlandesgericht München und stellv. Vorsitzende des Familiengerichtstages, die Neuregelung der Wohnungsüberlassung des § 1568 a BGB vor. Hier muss der Fachanwalt für Familienrecht auch Experte im Mietrecht werden.
Margarete Bergmann, leitende Richterin des Familiengerichts Köln, gab zu Beginn ihrer Ausführungen traditionell einen Überblick über das Kulturprogramm am Freitagabend. (Und der von ihr empfohlene Besuch der Philharmonie lohnte sich!) Ebenso heiter nahm sie dann Stellung zu “aktuellen Fragen des reformierten Versorungsausgleichs.” Nach der anfänglichen Begeisterung über die Reform würden langsam die Probleme des neuen Versorgungsausgleichs auftreten.
Historisch und rhetorisch sehr verständlich war der Abriss von Hans-Joachim Dose, Richter am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe, zum Thema “Ehe und nacheheliche Solidarität”. Und fast schon eine Verteidigungsrede auf die Schelte des BVerfG zur Dreiteilungsmethode des BGH.
“Aktuelle Fragen des Güterrechts” versuchte Prof. Dr. Elisabeth Koch von der Universität Jena zu beantworten. Sehr professoral erklärte Sie die neue Entscheidung des BGH zur Schwiegerelternzuwendung, die vor allem für den Erwerb einer Immobilie und oftmals bedenkenlos gewährt wird.
Dieter Büte, Vorsitzender Richter am OLG Celle, erlaubte sich sogleich, die Auswirkungen der neuen Schwiegerelternrechtsprechung für die Praxis darzustellen. In der Hauptsache widmete er sich unter dem Titel “Brennpunkte im FamFG” den drängendsten Problemen bei der Anwendung des neuen Familienrechtsverfahrensgesetzes.
Abschließend durfte noch Werner Reinken, Vorsitzender Richter am OLG Hamm, die “aktuelle Rechtsprechung zum Familienrecht” kommentieren, soweit sie nicht das Güterrecht betraf. Unter anderem entschied z. B. das OLG Bremen, dass die Kosten für die Hundehaltung als sog. Mehrbedarf den Kindesunterhalt erhöhen können.
Tobias Zink, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht aus Stuttgart, ist spezialisiert auf Familienrecht und bloggt regelmäßig auf http://www.ehescheidung-stuttgart.de. Auf Twitter schreibt er unter http://twitter.com/FamRZink