Bislang wird bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts dem Erwerbstätigen ein pauschaler Bonus (in Süddeutschland 10 Prozent) eingeräumt, der sog. Erwerbstätigenbonus. Er sollte den Mehraufwand abgelten (z. B. für Fahrtkosten) und einen Anreiz bieten, überhaupt zu arbeiten. Der Amtsrichter a.D. Ernst Spangenberg hat in einem Aufsatz in der FamRZ 2011, Heft 9, S. 701, angeregt, diesen sog. Erwerbstätigenbonus (der in jeder Leitlinie und der Düsseldorfer Tabelle enthalten ist) zu streichen.
Seine Argumente sind beachtlich und stützen sich teilweise auf ein Urteil des BGH: Wer unterhaltsrechtlich ohnehin zur Eigenverantwortung verpflichtet ist, der benötigt nicht noch einen zusätzlichen Anreiz. Außerdem müsste eigentlich der, der seine Berufstätigkeit für die Kinder länger unterbricht, einen Anreiz bekommen, denn beruflich hat er beim Wiedereinstieg meist einen Nachteil. Zudem stamme der Erwerbstätigenbonus aus einer Zeit, in der Unterhalt für den früheren Ehegatten noch lebenslang zu bezahlen war.
Es bleibt abzuwarten, ob damit eine neue Diskussion über den Erwerbstätigenbonus entfacht wird. Der Aufsatz zeigt jedenfalls, dass sich das Familienrecht ständig verändert und an die gesellschaftliche Entwicklung angepasst wird.
Stuttgart, den 27.05.2011
Tobias Zink, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht aus Stuttgart, ist spezialisiert auf Familienrecht und bloggt regelmäßig auf http://www.ehescheidung-stuttgart.de. Auf Twitter schreibt er unter http://twitter.com/FamRZink