Geplante Reform des Sorgerechts: Bald mehr Rechte für die Väter?

Unverheiratete Väter sollen zukünftig leichter das gemeinsame Sorgerecht erhalten. So sieht es der neue Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, der jetzt vom Bundestag zu beraten ist. Was plant die Regierung für die ledigen Väter und welche Rechte sollen der Kindesmutter bleiben?

Durch die Neuregelung soll unverheirateten Vätern der Zugang zum Sorgerecht für ihre Kinder erleichtert werden. Bisher erhalten Eltern, die nicht miteinander verheiratet sind, das gemeinsame Sorgerecht (auch Mitsorge genannt) nur, wenn sie heiraten oder sich übereinstimmend für die gemeinsame Sorge entscheiden. Nach der geplanten Regelung kann der Vater die Mitsorge auch dann erlangen, wenn die Mutter dem nicht zustimmt. Das Gericht muss dann allerdings festellen, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht.

Gemeinsame Sorge bedeutet, dass sich die Eltern in allen wichtigen Angelegenheiten der Vermögens- und der Personensorge gemeinsam beraten und gemeinsam entscheiden. Wichtig ist eine Angelegenheit besonders dann, wenn die einmal beschlossene Maßnahme nicht oder nur schwer rückgängig gemacht werden könnte, zB Schul- und Ausbildungswahl, religiöse Erziehung, Aufenthaltsbestimmung, Entscheidung über eine Operation.

Die Vorgeschichte

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sah im Dezember 2009 in der früher geltenden Regelung einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Das Bundesverfassungsgericht stellte im Juli 2010 sogar einen Verstoß gegen Grundrechte fest: Es verletze das Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes, wenn er ohne Zustimmung der Mutter generell von der Sorgetragung für sein Kind ausgeschlossen ist und nicht gerichtlich überprüfen lassen kann, ob es aus Gründen des Kindeswohls angezeigt ist, ihm zusammen mit der Mutter die Sorge für sein Kind einzuräumen oder ihm an Stelle der Mutter die Alleinsorge für das Kind zu übertragen. Das Bundesverfassungsgericht verfügte zugleich eine Übergangsregelung, für die die Bundesregierung nun einen parlamentarisch gebilligten Ersatz schaffen will.

Das geplante Verfahren vor Gericht

Nach der geplanten Neuregelung soll die gemeinsame Sorge auf Antrag des Vaters immer dann eintreten, wenn das Wohl des Kindes nicht entgegensteht. Um schnell Klarheit über die Sorgerechtsfrage zu finden, kommt es nur dann zu einer mündlichen Verhandlung, wenn  Fragen des Kindeswohls (und nicht andere Problempunkte) in Streit stehen.

Konkret soll das Verfahren so ablaufen: Ist die Mutter nicht mit der gemeinsamen Sorge einverstanden, dann hat der Kindesvater die Wahl:

  • Er kann zum Jugendamt gehen, um doch noch eine Einigung mit der Mutter zu erreichen. Der Gang zum Jugendamt ist aber nicht verpflichtend.
  • Wenn der Vater von diesem Weg nicht oder nicht mehr überzeugt ist, kann er einen Antrag beim Familiengericht stellen. Im gerichtlichen Verfahren kann die Mutter dann zunächst schriftlich Ihre Argumente gegen die gemeinsame Sorge benennen. Die Frist dafür endet frühestens sechs Wochen nach der Geburt. (Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Mutter nicht unter dem Eindruck der Geburt eine Erklärung im gerichtlichen Verfahren abgeben muss.)

Trägt die Mutter keine oder nur Gründe gegen die gemeinsame Sorge vor, die mit dem Kindeswohl nichts zu tun haben, so entscheidet das Familiengericht in einem beschleunigten Verfahren ohne Anhörung der Eltern und des Jugendamtes. Der Vater erhält dann zusammen mit der Mutter die gemeinsame Sorge – sofern die Übertragung dem Kindeswohl nicht aus anderen Gründen widerspricht, die sogenannte negative Kindeswohlprüfung. Trägt die Mutter kindeswohlbezogene Gründe gegen den Vater vor, so kommt es zum üblichen Verfahren mit Anhörung beider Elternteile und dem Jugendamt.

Der Vater kann übrigens auch die Alleinsorge für das gemeinsame Kind beantragen. Voraussetzung für die vollständige Übertragung des Sorgerechts von der Mutter zum Vater ist, dass die gemeinsame elterliche Sorge nicht in Betracht kommt und das Gericht davon ausgeht,  dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung, der nun im Bundestag beraten wird, kann hier eingesehen werden.

Da Sorgerechtsverfahren sehr zeit- und beratungsintensiv sind, bitten wir um Verständnis, dass wir jährlich nur eine begrenzte Zahl an Fällen mit Sorgerechtsbezug annehmen können.

Tobias Zink, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht aus Stuttgart, ist spezialisiert auf Familienrecht und bloggt regelmäßig auf http://www.ehescheidung-stuttgart.de. Auf Twitter schreibt er unter http://twitter.com/FamRZink