Die Bundesregierung plant einem Zeitungsbericht in der Welt zufolge, das Unterhaltsrecht für Geschiedene zu ändern: In Zukunft solle die Dauer einer Ehe wieder stärker berücksichtigt werden. Das seit 2008 geltende Unterhaltsrecht (§ 1578 b BGB) hat den Anspruch auf Unterhalt an die konreten Erwerbsnachteile (sog. ehebedingter Nachteil) angeknüpft. Wer allerdings nach der Ehe genausoviel verdient wie er vor der Ehe erzielt hat, der hat keinen Nachteil. Von einer gewissen Übergangszeit abgesehen profitierte dieser Ehegatte nicht mehr vom möglicherweise viel höheren Einkommen des anderen Ehegatten.
Vor der Unterhaltsrechtsreform 2008 orientiert man sich noch am tradionellen Rollenmuster, das gerne mit dieser Formel ausgedrückt wurde: einmal Chefarztgattin, immer Chefarztgattin – der Ehegatte partizipierte auch nach der Ehe vom guten Gehalt des anderen, egal ob es Nachteile durch Kindererziehung gab oder nicht. Gering qualifizierte Frauen in lange dauernden Ehen, die sich frühzeitig auf die Ehegattenrolle festgelegt hatten wurden nach der Reform überraschend mit dem Vorwurf konfrontiert, man hätte sich ja während der Ehe um eine höher bezahlte Arbeitsstelle kümmern können. Diese (meist) Frauen sollen nun besser geschützt werden, indem die Dauer der Ehe berücksichtigt werden soll – auch wenn sich sonst keine Nachteile zeigen.
Der genaue Umfang (geschweige denn der Gesetzeswortlaut) der geplanten Reform ist noch nicht bekannt, ebenso deren in-Kraft-treten. Für Fachanwälte im Familienrecht und Notare bedeutet diese Unsicherheit allerdings ein kleines Konjunkturprogramm: wer den allein an die Ehedauer anknüpfenden Unterhalt ausschließen will sollte besser einen Ehevertrag abschließen. Daran sollten besonders diejenigen denken, die noch in diesem Jahr heiraten wollen.
Stuttgart, 02.12.2012
Nachtrag: Das Bundesministerium für Justiz hat heute bestätigt, dass es ist richtig, dass geplant ist, durch eine gesetzliche Nachjustierung die Dauer der Ehe bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts als eigenständiges Kriterium stärker zu berücksichtigen.
Die Bundesjustizministerin hat sich in der heutigen Ausgabe der Badischen Zeitung wie folgt geäußert: „Man kann eine Frau, die zwanzig Jahre lang ein klassisches Rollenmodell gelebt hat, nicht so behandeln wie eine gut ausgebildete Frau aus einer Kurzzeitehe, die auf dem bestens bestellten Arbeitsmarkt Bayerns schnell wieder Fuß fassen wird.“
Stuttgart, 04.12.2012
Tobias Zink, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht aus Stuttgart, ist spezialisiert auf Familienrecht und bloggt regelmäßig auf http://www.ehescheidung-stuttgart.de. Auf Twitter schreibt er unter http://twitter.com/FamRZink