BFH ändert Rechtsprechung: Mehr Prozesskosten steuerlich absetzbar

Endlich sind auch die Kosten für Prozesse um Unterhalt, Zugewinn und Sorgerecht steuerlich absetzbar. Dies entschied der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 12. Mai 2011, Aktenzeichen VI R 42/10, und änderte damit seine Rechtsprechung. Denn für familienrechtliche Verfahren galt bislang, dass nur die Kosten des Scheidungsprozesses steuerlich geltend gemacht werden konnten. Durch das neue Urteil wird die Absetzbarkeit auf sämtliche Zivilprozesse (also auch alle Streitigkeiten im Familienrecht, die bei Gericht ausgefochten werden) erweitert.

Neue Rechtsprechung: Sämtliche Zivilprozesskosten sind als außergewöhnliche Belastungen abziehbar

Nach § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes können bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden. Außergewöhnliche Belastungen sind dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehende größere Aufwendungen, die über die der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands entstehenden Kosten hinausgehen.

Voraussetzung für die Absetzbarkeit ist, dass die Aufwendungen unausweichlich sind – das bedeutet,  dass die Prozessführung hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten muss und nicht mutwillig erscheint. Davon ist auszugehen, wenn der Erfolg des Zivilprozesses mindestens ebenso wahrscheinlich wie ein Misserfolg ist. (Ein guter Anwalt wird Ihnen die Erfolgschancen im Voraus mitteilen.)

Weiterhin gilt, dass die Prozesskosten nur dann absetzbar sind, wenn sie die persönlich zumutbare Belastung (beträgt je nach Familienstand, Steuerklasse und der Zahl der Kinder ein bis sieben Prozent des Gesamtbetrages der Einkünfte) übersteigen.

Die Kosten für die außergerichtliche Beratung und Vertretung sind leider nicht steuerlich absetzbar. Trotzdem empfehlen wir in den meisten Fällen, zunächst die gütliche Einigung zu suchen. Wer dagegen einen klärenden Prozess bis zum Bundesfinanzhof führen (und finanzieren will), möge sich bitte bei uns melden.

Stuttgart, den 13.07.2011

PS: Die Rechtsprechung hat sich inzwischen wieder geändert, weshalb dieser Artikel von uns bei Gelegenheit überarbeitet werden muss. Bitte sehen Sie von telefonischen Anfragen derzeit ab. Wir bitten um Ihr Verständnis. 23.09.2013

 

Tobias Zink, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht aus Stuttgart, ist spezialisiert auf Familienrecht und bloggt regelmäßig auf http://www.ehescheidung-stuttgart.de. Auf Twitter schreibt er unter http://twitter.com/FamRZink