Regelmäßig im Herbst häufen sich Anfragen von Ehegatten, die schon länger getrennt leben, sich meist noch (oder wieder) gut verstehen und nun besonders schnell geschieden werden wollen. Möglichst noch vor Jahresende – weil man das leidige Thema vor Weihnachten erledigt haben will oder vielleicht ein neuer Partner bereits aufs Standesamt wartet. Mit dem Noch-Ehegatten sei man sich auch einig. Also, Herr Zink, wie lange dauert in diesem Fall die einvernehmliche Ehescheidung?
Ginge es nur um die Ehescheidung, so könnte man das Verfahren in drei bis vier Wochen erledigen, sofern man schon über 12 Monate getrennt lebt. Schließlich muss sich das Gericht nur persönlich davon überzeugen, dass die Ehegatten getrennt leben und die Ehe partout nicht fortsetzen wollen. Zusammen mit der Ehescheidung wird aber vom Gericht automatisch (von wenigen Ausnahmen abgesehen) der Versorgungsausgleich behandelt. Der Versorgungsausgleich ist der Ausgleich von während der Ehe erworbenen Rentenansprüchen. Ein kompliziertes Verfahren, denn zunächst müssen die jeweiligen Versorgungsträger dem Gericht Auskünfte erteilen, die im einen Fall in zwei Wochen und im anderen Fall erst in drei Monaten vorliegen. Besonders bei der gesetzlichen Rentenversicherung kann es mehrere Monate dauern, bis die Auskünfte vollständig sind.
Eine Beschleunigung kann man erreichen, wenn man auf den Versorgungsausgleich mit einem Ehevertrag verzichtet. Dieser Ehevertrag (gerne auch als Scheidungsfolgenvereinbarung bezeichnet) kann auch noch nach der Trennung geschlossen werden. Allerdings prüft das Gericht auch bei einem vertraglichen Ausschluss, ob der Verzicht auf den Versorgungsausgleich auch angemessen ist. Probleme treten auf, wenn ein Ehegatte längere Zeit nicht oder weniger als der andere gearbeitet hat (z.B. wegen Kindererziehung) und nun auf die Übertragung der Rentenansprüche des durchgehend arbeitenden verzichten soll. Haben beide Ehegatten während der Ehe in Vollzeit gearbeitet und sich so jeweils eine eigene Altersversorgung aufgebaut, so ist die Genehmigung des Verzichts wahrscheinlich.
Besonders seit der Reform des Versorgungsausgleichs im Jahre 2009 sind Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich vom Gesetzgeber erleichtert worden. Für den Anwalt gilt es, mögliche Ungerechtigkeiten zu entdecken und durch Ausgleichsmaßnahmen, zum Beispiel eine Abfindungszahlung oder Übertragung von Vermögenswerten für den Verzicht auf Rentenanrechte, abzufedern. Die Vereinbarung zum Versorgungsausgleich muss entweder beim Notar beurkundet werden oder in der Gerichtsverhandlung. In letzterem Fall benötigen beide Ehegatten einen eigenen Anwalt. Allerdings sind die Notarkosten geringer als ein zusätzlicher Anwalt. Dennoch kann es gute Gründe geben, einen eigenen Anwalt zu beauftragen – z. B. um den Notar oder den zukünftigen Ex-Gatten zu kontrollieren oder um vor Gericht den Rechtsmittelverzicht (siehe unten) zu erklären.
Liegt eine klare (und ausgewogene) Regelung zum Versorgungsausgleich oder gar ein Ausschluss vor, so kann es sein, dass das Gericht relativ zügig, nämlich in drei bis vier Wochen, einen Scheidungstermin bestimmt. Abhängig ist die Scheidung dann von der Arbeitsbelastung der Richterin oder des Richters.
Sind beide Ehegatten anwaltlich vertreten und verzichten sie auf Rechtsmittel, so ist die Ehescheidung sofort am Tag der Verkündung des Scheidungsbeschlusses rechtskräftig. Ansonsten wird die Scheidung erst rechtskräftig, wenn die Rechtsmittelfrist (1 Monat nach Zustellung des Scheidungsbeschlusses) abgelaufen ist.
Genügt ein Anwalt? Für die Ehescheidung benötigt nur der Antragsteller einen Anwalt. Der andere Ehegatte kann auf einen eigenen Anwalt verzichten. Vorteil: Man spart Kosten für einen relativ einfachen Vorgang. Nachteil: Ohne Anwalt kann man nicht auf Rechtsmittel verzichten und ist noch etwas länger verheiratet. Will man besonders schnell wieder heiraten, so sorgt man dafür, dass beide Ehegatten anwaltlich vertreten sind.
Fazit: Der schnellste Weg zur Ehescheidung ist, den Versorgungsausgleich gegenseitig beim Notar oder bei Gericht auszuschließen. Nicht immer ist der schnellste Weg auch der optimale Weg, schließlich geht es beim Verzicht auf Rentenansprüche um viel Geld, dessen Auswirkungen erst in der Zukunft spürbar werden.
Obige Ausführungen gelten nur für den Fall, dass sich beide Ehegatten bzw. die Lebenspartner weitgehend einig sind. Bei zerstrittenen Eheleuten kann es durchaus ein Jahr oder länger dauern, bis die Ehe geschieden ist.
Tobias Zink, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht aus Stuttgart, ist spezialisiert auf Familienrecht und bloggt regelmäßig auf http://www.ehescheidung-stuttgart.de. Auf Twitter schreibt er unter http://twitter.com/FamRZink